Juan Manuel Marcos

Buchvorstellung: Gunters Winter 

Für unsere Breitengrade weist das Werk „Gunters Winter“ von Juan Manuel Marcos gleich zwei Besonderheiten auf. Da ist einmal das Heimatland des 1950 geborenen Autors. Hand auf ´s Herz, liebe Leser, wer kennt einen namhaften Schriftsteller aus Paraguay? Erst die Werke von Juan Manual Marcos haben dazu beigetragen, einen namhaften Autor aus dem südamerikanischen Land zu kennen, wenigstens schon einmal von ihm gehört zu haben. Regelmäßig kreist angeblich in literarischen Hinterzimmern auch sein Name herum, wenn es um die Verleihung allerhöchster Ehren geht, die die internationale Literaturszene zu vergeben hat.


Eine große internationale Würdigung erhielt er bereits 1987. Sein Werk „Gunters Winter“ ist von internationalen Fachleuten aus dem Literaturbetrieb als „Buch des Jahres“ geehrt worden. Man war sich einig, dieses Werk ist das wichtigste aus Paraguay seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Bis heute trifft das zu! Weitere Werke aus der Feder von Juan Manual Marcos sind beispielsweise „Roa Bastos, Wegbereiter des lateinamerikanischen Post-Booms“.Hierfür erhielt er 1983 den in der spanischschreibenden Autorenwelt sehr bekannten Literaturpreis „Premio Internacional Plural de Ensayo.“ 1987 ehrte man den Autor auch für seine „Dichtungen und Lieder.“ Er erhielt die Auszeichnung „Premio Rene Davalos.“


Die zweite Besonderheit ist die Vita von Juan Manual Marcos. Er absolvierte seine Ausbildung in Pittsburgh, Yale und Harvard und unterrichtete an der Universität von Kalifornien, Los Angeles. Von 1973 bis 1987 lebte er im Exil in Spanien und den USA. Als er in sein Geburtsland Paraguay zurückkehrte, betätigte er sich in der Politik. Man wählte ihn ins Parlament. Der Autor wurde später zum Senator berufen und zum Berater des Bildungsministeriums gewählt. Im Jahre 1991 ernannte man Juan Manual Marcos zum Rektor der „Universidad del Norte“ in der Hauptstadt Asunción, der bedeutendsten privaten Universität des Landes.


Sein 216 S. umfassendes Werk „Gunters Winter“ ist im Frieling-Verlag in Berlin erschienen. In einem „Vorwort des Verlegers“ teilt Dr. Johann-Friedrich Huffmann u. a. mit: „Gunters Winter ist sich seiner Eigenschaft, Literatur zu sein, zu jedem Zeitpunkt bewusst und macht sich dies als Qualität zunutze. Gespickt mit unzähligen literarischen Verweisen, spricht der Roman mit hundert Dichterzungen, die sich zu einer polyphonen Stimme vereinen. Er erzählt keine Geschichte, sondern lässt diese von selbst einleuchten. Zartfühlend, poetisch, feierlich, nüchtern, ordinär, bestürzend….“ 


Der südamerikanische Schriftsteller macht uns mit der erst 17 Jahren jungen Poetin Soledad vertraut. Sie lebt in der argentinischen Stadt Corrientes (spanisch für: Stromschnellen), einer Grenzstadt zu Paraguay. Im April 1982 beginnt in Argentinien ein Krieg gegen Großbritannien, der am Ende fast 1.000 Menschen das Leben kosten wird. Für die Briten ging es um die Falklandinseln, für die Südamerikaner um die Malwinen. Eine kleine Inselgruppe im Südatlantik, knapp 12 Quadratkilometer groß. Dort leben 3.000 Bewohner. Der damalige argentinische Präsident und Anführer der Militärjunta, General Leopoldo Galtieri, wollte die unter britischer Hoheit stehende Inselgruppe einverleiben und ließ Soldaten an Land gehen. Die damalige britische Regierungschefin Margaret Thatcher sprach von „argentinischen Eindringlingen“ und setzte die britische Kriegsmaschinerie von London aus in Gang.


Soledad wird von der Militärjunta grundlos verhaftet und landet in einem Folterknast. Die junge Poetin hofft, dass sich ihr Onkel Gunter mit all seiner Macht und seinem Einfluss unverzüglich um sie kümmert und sie aus dem Foltergefängnis holt. Onkel Gunter ist ein deutschstämmiger Paraguayer und kaltherziger Manager der Weltbank. Mit Tante Eliza, Onkel Gunters Gattin, reist er an. Auch in Paraguay hatte damals ein Militärobrist das Oberkommando. General Alfredo Stroessner regierte mit eiserner Hand das Land mit seinen knapp 7 Millionen Einwohnern von 1954 bis 1989. Soledad hat sich schon früh für Politik interessiert. Ihre Augen richtete sie bisher noch nie auf Männer. Ist sie etwa lesbisch veranlagt? Diese sexuelle Neigung zur damaligen Zeit, allein schon der Verdacht dazu, in einer rein katholisch geprägten Gegend, reicht aus, um gefoltert zu werden. Noch schlimmer ist es dann, wenn sich die verdächtige Soledad auch noch politisch gegen den Staat stellt oder die Staatsmacht hat nur den Eindruck, Soledad hätte es getan.


Das Werk von Juan Manuel Marcos ist eine schaurige, aber große Hommage an den Idealismus der lateinamerikanischen Jugend. Das Cover des Werkes ziert ein Jaguar. Den Grund teilt der Autor auch mit. Der aus Frankreich stammende Ethnologe Pierre Clastres, der 1977 im Alter von 43 bei einem Verkehrsunfall verstorben ist, verbrachte viele Jahre für seine Forschungen in Paraguay und Brasilien. In Paraguay beobachtete der Ethnologe die Ache, eine indigene Gruppe im Osten des Landes. Sie zählen zu den Sammlern und Jägern und ihr schamanischer Glaube besagt: „Die Welt wird vom Feuer und einem großen, himmlischen Jaguar zerstört werden. Eines Tages.“ Das beeindruckende Werk „Gunters Winter“ von Juan Manuel Marcos ist in vierzig Sprachen übersetzt worden.


Das Taschenbuch (Paperback) ist im Frieling-Verlag in Berlin erschienen und kostet im deutschen Buchhandel 12,90 Euro. ISBN 978-3-8280-3295-8.


Text: Volkert Neef/Fotos: Frieling-Verlag

Veröffentlicht am 21.06.2020