Text: Svetlana Reinwarth

Foto: Svetlana Reinwarth

Veröffentlicht am 16.07.2023


Der russische Poet auf dem venezianischen Friedhof

Venedig. Blick auf den Grand-Kanal 

Die Stammleser des "Düsseldorfer Blattes" wissen, dass Venedig öfters in unseren Artikeln erscheint. Wir waren hier im Sommer, auf der Insel Lido, wo man sich wunderbar sonnen und in der warmen Adria schwimmen kann. Wir haben Venedig im Winter, in der Zeit des Karnevals besucht. Da bekam die Stadt einen besonderen Glanz und durch die Straßen flanierten Menschen in historischen Kostümen.


Unseren Lesern haben wir schon über die Arbeit der venezianischen Gondelfahrer erzählt und einer davon hat uns Venedig " von Wasser aus" gezeigt. Das " Düsseldorfer Blatt" war in Venedig in der Zeit der Pandemie und hatte ein aufregendes Gespräch mit Einwohnern, die uns über diese schwere Zeit berichtet haben. Das wunderschöne Venedig ist also öfters zur Hauptheldin unserer Berichte geworden

Karneval in Venedig

Unsere Reise nach Venedig im Mai dieses Jahres war auch nicht zufällig. Diesmal war sie der russischen Kultur und Literatur gewidmet. Am 24.05.2023 wäre der große russische Poet, der Literatur- Nobelpreisträger Joseph Brodsky 83 J.a. geworden. Sein Leben und seine Tätigkeit war eng mit Venedig verbunden. Er ist in Venedig, auf der Friedhofsinsel San- Michele beerdigt. 

Venedig. Friedhof San-Michele

Joseph Brodsky ist 1940 in Leningrad (damals Sankt-Petersburg) geboren. Er musste wegen seiner regimekritischen Ansichten und ungewöhnlichen Poesie Russland verlassen und ist 1973 nach Amerika emigriert. Er hat an der Uni in den USA russische Literatur unterrichtet und ist des öfteren in den Winterferien nach Venedig gefahren. Er kam hier nie im Sommer hin, es war zu heiß für ihn. Am besten hat er hier im Winter gearbeitet, bei der Kälte, Nässe und Überflutungen, die die Venezianer AQUA  ALTA nennen.


1996 ist Joseph Brodsky im Alter von 56 Jahren gestorben und wurde 1997 in Venedig auf dem Friedhof San-Michele beigesetzt. Er ist nicht der einzige Russe, der auf San-Michele liegt. Hier fanden russischer Impressario Sergei Djagilew, Komponist Igor Strawinski mit der Ehegattin Vera, sowie ein Dissident und Schriftsteller Peter Weil ihre letzte Ruhestätte

Grab von Joseph Brodsky in Venedig

In diesem Jahr wäre Brodsky 83 J.a. geworden. Das ist kein besonderes Datum, kein Jubiläum. Vielleicht wird das in 2 Jahren, zu seinem 85. Jahrestag nachgeholt und der Literatur-Nobelpreisträger wird mit verschiedenen Veranstaltungen geehrt.


Auf der Rückseite seines Denkmals, wo immer frische Blumen liegen, steht ein Zitat aus dem römischen Dichter Properz : " Letum non omnia finit " ( " Nach dem Tod endet nichts"). Bei Joseph Brodsky ist das wirklich der Fall, erst nach dem Tod wurde er zu einem großen Poeten auch in seiner Heimat, in Russland , das ihn so gnadenlos rausgeschmissen hat.  

Grab von Joseph Brodsky in Venedig


An seinem Geburtstag, dem 24.05.2023 kamen Liebhaber der Brodsky-Poesie zum Grab des Dichters auf der San-Michele. Mit einigen davon hat unsere Redaktion geredet. Wir haben gefragt, welche Rolle die Brodsky- Poesie in ihrem Leben spielt. 

Luca Bulgheroni am Grab von J.Brodsky

Der Italienische Künstler Luca Bulgheroni wohnt in Bologna. Er hat an der Brera-Akademie der feinen Künste in Mailand studiert. Er arbeitet als Comic-Zeichner für französische und italienische Zeitschriften. Luca erzählte uns: " Ich  interessiere mich für Literatur, Kultur und Poesie. Zu  Hause habe ich Werke von vielen russischen Schriftstellern. Mir gefallen Tolstoj, Dostoewski, Tschechow. Ich habe auch Gedichte von Joseph Brodsky, leider nur auf Englisch, Russisch kann ich nicht. Meiner Meinung nach, hat Brodsky sehr viel für die Weltkultur gemacht. Ich mag seine Poesie, er war ein großer Dichter. Deswegen bin ich an seinem Geburtstag heute hier. 

Jelena Petruschanskaja am Grab von J.Brodsky

An diesem Tag haben wir auf dem Friedhof noch eine Brodsky-Poesie- Liebhaberin kennengelernt. Jelena Petruschanskaja kommt aus Moskau. Sie wohnt in Bologna und arbeitet als Kunstkritikerin und Schriftstellerin. 2004 erschien ihr Buch " Die Musikwelt von Joseph Brodsky", welches über die Rolle der Musik im Leben und in der Tätigkeit des Dichters erzählt. Sie hat uns berichtet, dass sie den DIchter persönlich kannte und ein Interview mit ihm gemacht hat. " An seinem Geburtstag bin ich immer hier. Ich mag seine Poesie und das ist eine Tradition für mich, an diesem Tag Blumen zu seinem Grab zu bringen."


Elena Petruschanskaja hat uns ihre Bekannte vorgestellt. Das war eine russische Venezianerin, Clara Strada Janovic, die Witwe eines bekannten italienischen Literaturwissenschaftlers und Autors, Vittorio Strada. Er war ein bekannter Slavist und hat viele Werke aus dem Russischen ins Italienische übersetzt. 2018 ist er gestorben und ist auf San Mikele, nicht weit von Brodsky beerdigt.


Clara ist in Russland, in Sibirien geboren. 1958 hat sie Vittorio Strada geheiratet und seitdem wohnt sie in Italien. Sie hat Bücher geschrieben, aus dem Russischen übersetzt, an den Unis in Turin, Paduja und Venedig unterrichtet. Venedig, wo sie jetzt wohnt, ist  ihr Lieblingsstadt und sie kennt es gut. 

Clara Strada Janovic, Svetlana Reinwarth, Elena Petruschanskaja

Mit diesen 2 wunderbaren Damen hat die Redakteurin des "Düsseldorfer Blattes", Svetlana Reinwarth,  einen kleinen Rundgang in Venedig gemacht. Wir haben uns über Literatur, Musik und Kunst unterhaltet. Es war sehr schön, den Geburtstag des großen russischen Poeten Joseph Brodsky mit den Menschen zu feiern, die so viel für die russische Kultur gemacht haben. Sie tragen auch jetzt dazu bei, dass man auch in Westen die russische Kultur kennt, schätzt und mag.